Alle Artikel mit dem Schlagwort: Feminismus

Frauen. Leben. Freiheit.

Es flattert etwas durch die Luft… Text: Lena Frings  … es sind Haarsträhnen. Unter Lebensgefahr laufen Frauen (und Männer) gerade über die Straßen iranischer Städte, klettern auf Container, halten Bilder von Jîna Mahsa Amini in die Luft, ziehen ihre Hijabs vom Kopf und rufen: „Zan, Zendegi, Azadi!“ Vielleicht geht es Ihnen wie mir und diese Bilder und Worte lösen eine Gänsehaut bei Ihnen aus. Vielleicht fragen auch Sie sich, wo diese Frauen den Mut hernehmen. Die Journalistin Gilda Sahebi zitiert die Slogans der Protestierenden und dadurch wird mir etwas klarer. „Wenn wir nicht alle gemeinsam sind, dann zerstückeln sie uns einer nach dem anderen“, sollen Menschen während der Proteste rufen. Und das trifft wohl eine bittere Wahrheit. Die Philosophin Hannah Arendt (1906 – 1975) setzt sich in ihrem Essay „Macht und Gewalt“ mit den gleichnamigen Phänomenen auseinander. Dort heißt es: „Über Macht verfügt niemals ein Einzelner; sie ist im Besitz einer Gruppe und bleibt nur solange existent, als die Gruppe zusammenhält.“ Tatsächlich protestieren gerade im Iran alle gemeinsam. Da sind Ölarbeiter, Schülerinnen, Kurd:innen, Frauen und …

„Tupperware-Feminismus vs. No-Bullshit-Feminismus“

„Die Zentrale der Zuständigkeiten“ von Rebekka Reinhard ist nun im LUDWIG Verlag erschienen. Text: Lena Frings  Du rennst in alle Richtungen zugleich? Du machst Karriere, bereitest die Familienfeier vor, erzählst Gutenachtgeschichten und putzt zwischendurch noch schnell das Bad? Du bist alles zugleich: Liebende, Arbeitnehmerin oder Chefin, Mutter und sich kümmernde Tochter? Du bist (wie alle Frauen) eine Zentrale der Zuständigkeiten. Das gleichnamige Buch unserer stv. Chefredakteurin ist ein kurzes Innehalten und Aufwachen – praxisbezogen, direkt und händereichend. In 20 Kapiteln bietet die Autorin Überlebensstrategien für einen vollgestopften Alltag an, der so verschiedene Ansprüche an uns stellt, dass wir als denkende und fühlende Wesen hinter Terminkalendern und endlosen ToDos verschwinden. Witzig, scharf, manchmal wütend und erfrischend unideologisch bewegt sich der Text etwas versetzt zu vielen feministischen Diskursen. Das beginnt damit, dass Gendersternchen einer kreativen und sinnvollen Art zu gendern weichen. Grundsätzlich wird es dort, wo bestimmte Arten des Self-Empowerments als neoliberale Lügen und Marketing-Gag entschlüsselt werden. Denn eine „Emanzipation, die dauergestresste Superwomen produziert, widerspricht sich selbst.“ Sie zwängt uns vielmehr in ein neo-biedermeierliches Bewertungsraster – als Ergebnis …

Der Anfang von allem

Das Thema Schwangerschaft kommt in der Philosophie so gut wie gar nicht vor. Dabei gibt es allen Anlass dazu, diesen besonderen Zustand philosophisch zu betrachten. Schließlich geht es um die Schöpfung neuen Lebens, um das Entstehen von etwas zuvor nicht in der Welt Gewesenem. Text: Greta Lührs Als ich es das erste Mal spüre, sitze ich am Tisch und lese. Da ist ein leichtes Zucken in meinem Bauch, das sich ganz anders anfühlt als bisher bekannte Regungen aus meinem ­Inneren. Ich erschrecke ein wenig und halte gespannt den Atem an, versuche, dem Gefühl nachzugehen und es zu lokalisieren. Da ist es wieder. Ich lege eine Hand an den Bauch. Wüsste ich nicht, dass es sich dabei um die Bewegungen eines werdenden Menschen handelt, würde ich mir Sorgen machen. Aber so muss ich unwillkürlich selig lächeln. »Hallo«, sage ich in Gedanken. Da ist ja wirklich jemand. Schwangersein ist ein Zustand, den man sich schwer vorstellen kann, wenn man ihn nicht selbst erlebt hat und der selbst für die Schwangere oft unbegreiflich und wundersam bleibt. Die einen …

Krankenschwestern der Nation

Ich bin wütend. Ich kann es mir leisten. Ich habe Zeit dazu. Anders als die meisten meiner Freundinnen kann ich mich voll und ganz auf meine Videokonferenzen konzentrieren… und zwischendurch über den Grund meiner Wut nachdenken. Ich muss nicht überlegen, was ich noch alles tun muss, eigentlich schon längst hätte erledigen sollen. Waschen, Putzen, Kochen, Schleppen, Hausaufgabenbetreuen, Streitschlichten. Ich bin nicht verheiratet und habe keine Kinder. Ich habe Zeit. Also artikuliere ich meine Wut stellvertretend für die vielen Frauen, die es nicht können. Weil sie noch die Wäsche machen müssen. Und die Mathe-Hausaufgaben. Und noch schnell zum Supermarkt und in die Drogerie. Weil ihr Mann noch zoomen und früh schlafen gehen muss. Weil er mehr verdient als sie. Corona wird die Frauenbewegung um drei Jahrzehnte zurückwerfen, prophezeit die Soziologin Jutta Allmendinger. Ich glaube, es ist noch schlimmer. Wir befinden uns wieder in den frühen 60er Jahren. Ein Indiz hierfür ist die Aktualität einer alten Hollywoodkomödie mit Doris Day: Was diese Frau so alles treibt (1963). Protagonistin Beverly Boyer ist blond, mit einem Frauenarzt verheiratet, ein …

Die Macht der Körper

Der Feminismus ist präsent wie nie – auf dem Buchmarkt, in der Mode und in den sozialen Medien, und er wird zugleich heftig kritisiert. Zeit für eine Bestandsaufnahme, nicht der Geschlechtergerechtigkeit, sondern des Kampfes dafür. Wie steht es um den modernen Feminismus? Vor ein paar Monaten feierte »Sex and the City« Geburtstag: Zwanzig Jahre ist es her, dass die Serie zum ersten Mal im Fernsehen lief und in Folge zum Mega-Hit und kulturellen Fixpunkt mehrerer Generationen junger Frauen wurde, die die Serie auch für ihren Feminismus feierten. Schließlich dreht sie sich um vier New Yorker Freundinnen, allesamt: erfolgreich im Job, finanziell unabhängig, sexuell selbstbewusst und mit zahlreichen Affären beschäftigt, über die sie auch offen diskutieren. In einer Interview-Reihe des »Guardian« über die Serie schwärmte ein Fan: »Endlich konnte man über Vibratoren sprechen.« Das war 2003. Doch als jetzt, anlässlich des Jubi­läums, zurückgeschaut wurde, waren viele Frauen – nicht selten die gleichen, die in der Serie damals eine Befreiung sahen – irritiert. Vielen erscheint sie nun gar nicht mehr so feministisch. Sie stören sich daran, dass …

Wer rettet den Helden? Ausgabe 4/19 ist da

Als Kind finden wir Helden und ihre Geschichten meistens toll. Doch heute steckt das Heldentum in der Krise. Helden haben – historisch ausnahmslos Männer – ein schlechtes Image. Niemand braucht mehr solche Kraftkerle, die sich selbst und anderen andauernd etwas beweisen müssen. Dennoch brauchen wir immer noch Menschen, die mutig Entscheidungen treffen, die andere beschützen und für eine gerechte Sache ein­ treten. Der Held braucht also eine General­überholung! In unserem neuen Titelessay werfen wir einen Blick auf die mythologischen Ursprünge des Helden und seine aktu­elle Lage – und fragen, was vom tradierten Heroismus übrig geblieben ist. Spätestens seit der #MeToo-Debatte ist der Feminismus aus der öffentlichen Debatte nicht mehr wegzudenken. Im Schwerpunkt des neuen Hefts machen wir eine eine kritische Bestandsaufnahme und stellen vier Thesen zum modernen Feminismus auf. Weitere Themen: Das Gute am Nützlichen. Die Seele der Natur. Arthur Schopenhauer und seine Welt. Ist die Kultur am Ende? Warum nichts Neues passiert. Deutsche Comedy: Gute-Laune-Populismus? Und im großen Interview sprechen wir mit dem US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama über seine Kritik an linker und rechter Identitätspolitik …

Der Fluch der Potenz

Bis vor kurzem schien die Welt in bester patriarchaler Ordnung. Dann kam #MeToo. Eine sexistisch geführte Debatte gegen Sexismus, die die Menschheit in zwei Lager spaltete. Weibliche Opfer vs. Männliche Täter. Wer hat diese Rollenverteilung zu verantworten? Das Patriarchat, sagt die Feministin Margarete Stokowski. Der „totalitäre Feminismus“, findet der Feuilletonist Jens Jessen. Die Frauen selbst, meint die Philosophin Svenja Flaßpöhler, die mit ihrem aufklärerischen Appell zur Selbstermächtigung der „potenten Frau“ die Vernunft ins Spiel bringen möchte.

Neues Heft: Rettet die Freiheit! Aber welche?

Ausgabe 02/2017 ab sofort im Handel Über Freiheit denken wir so wenig nach wie übers Atmen. Doch gerade erleben wir, wie unsere Freiheit bedroht wird und wir der Frage ausgesetzt sind: Was bedeutet es, ein freies Leben zu führen? Und welche Form von Freiheit können wir Terror, Populismus und Feindseligkeit entgegensetzen? Außerdem: Sein »Ich denke, also bin ich« ist weltberühmt. Im neuen Schwerpunkt dreht sich alles um René Descartes und seine Suche nach unumstößlicher Erkenntnis. Weitere Themen dieses Mal: Was kann effektiver Altruismus? Feminismus goes Pop! Ist Zufall Schicksal? Der mittelalterliche Gelehrte Moses Maimonides. Anonymität in Zeiten des Internets. Lob der Verlässlichkeit. Und: Was bleibt von Heidegger? Heidegger-Schüler Rainer Marten und »Schwarze Hefte«-Herausgeber Peter Trawny im Streitgespräch. Zum Inhaltsverzeichnis geht’s hier entlang. Hier können Sie das neue Heft und ältere Ausgaben versandkostenfrei bestellen.