Alle Artikel in: Buchveröffentlichung

„Tupperware-Feminismus vs. No-Bullshit-Feminismus“

„Die Zentrale der Zuständigkeiten“ von Rebekka Reinhard ist nun im LUDWIG Verlag erschienen. Text: Lena Frings  Du rennst in alle Richtungen zugleich? Du machst Karriere, bereitest die Familienfeier vor, erzählst Gutenachtgeschichten und putzt zwischendurch noch schnell das Bad? Du bist alles zugleich: Liebende, Arbeitnehmerin oder Chefin, Mutter und sich kümmernde Tochter? Du bist (wie alle Frauen) eine Zentrale der Zuständigkeiten. Das gleichnamige Buch unserer stv. Chefredakteurin ist ein kurzes Innehalten und Aufwachen – praxisbezogen, direkt und händereichend. In 20 Kapiteln bietet die Autorin Überlebensstrategien für einen vollgestopften Alltag an, der so verschiedene Ansprüche an uns stellt, dass wir als denkende und fühlende Wesen hinter Terminkalendern und endlosen ToDos verschwinden. Witzig, scharf, manchmal wütend und erfrischend unideologisch bewegt sich der Text etwas versetzt zu vielen feministischen Diskursen. Das beginnt damit, dass Gendersternchen einer kreativen und sinnvollen Art zu gendern weichen. Grundsätzlich wird es dort, wo bestimmte Arten des Self-Empowerments als neoliberale Lügen und Marketing-Gag entschlüsselt werden. Denn eine „Emanzipation, die dauergestresste Superwomen produziert, widerspricht sich selbst.“ Sie zwängt uns vielmehr in ein neo-biedermeierliches Bewertungsraster – als Ergebnis …

Ist Martin Heideggers »Sein und Zeit« ein Plagiat?

Der italienisch-österreichisch-jüdische Philosoph, Dichter und Maler Carlo Michelstaedter (1887–1910) ist eine wenig bekannte Figur der europäischen Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts. Unter Eingeweihten gilt sein verrätseltes Werk als Geheimtipp. Seine philosophische Dissertation erschien nach seinem Freitod mit 23 Jahren unter dem Titel Überzeugung und Rhetorik. Bereits in den Dreißigerjahren stieß man auf frappierende Parallelen zwischen Michelstaedters Dissertation und Martin Heideggers 1927 erschienenem Welterfolg Sein und Zeit. In »Schein und Zeit« geht unser Chefredakteur Thomas Vašek diesen Spuren erstmals umfassend nach und zeichnet das Bild einer geistigen Verwandtschaft, die ein völlig neues Licht auf Heideggers Hauptwerk wirft. Dabei stellt sich nicht zuletzt auch die Frage: Wie viel Michelstaedter steckt in Heidegger, wie viel Überzeugung und Rhetorik in Sein und Zeit? Das Buch in jetzt bei Matthes & Seitz erschienen. Mehr Informationen hier  

Die Deutschen und ihr Auto

Dieses Land hat ein romantisches und imperiales Verhältnis zum Fahren. Dem gehorchen sowohl Kfz-Besitzer wie auch die Industrie. Bloß bringt das niemanden in die Zukunft. Warum die Deutschen das Auto loswerden sollten. Den ganzen Essay von HOHE LUFT-Chefredakteur Thomas Vašek finden Sie hier auf ZEIT online: https://www.zeit.de/kultur/2019-04/deutsche-autofahrer-autobranche-bedeutung-symbol

Reflexe #11: Die Kraft der Sprache

In der neuen Folge seiner »Reflexe«-Kolumne befasst sich Jörg Friedrich mit Charles Taylors Kritik an der Analytischen Philosophie und bezieht gegen ein enges Verständnis vom »richtigen Sprechen« Stellung.  Was ist Logik? Heute herrscht allgemein die Vorstellung, Logik sei die Lehre vom formal korrekten Sprechen und Schließen. In der Logik, so meint man, treffen sich die Philosophie und die Mathematik. In dieser Sicht hat die Logik von der Mathematik das formal Exakte, während sie von der Philosophie das grundsätzliche Fragen nach den Bedingungen der Möglichkeit des richtigen Urteilens und Schlussfolgern habe.

Reflexe #7: Gegen Epistokratie

Jörg Friedrich sichtet für seine Kolumne »Reflexe« aktuelle philosophische Bücher und Strömungen. Heute setzt er sich kritisch mit den Thesen des US-amerikanischen Philosophen Jason Brennan auseinander, dessen Buch »Gegen Demokratie« kürzlich erschienen ist.  Jason Brennan ist Amerikaner, und vielleicht muss man sein Buch „Gegen Demokratie“ deshalb mit einer gewissen Nachsicht lesen, auch wenn 2016, also das Buch im Original erschien, der amerikanische Präsident noch Obama und nicht Trump hieß. Die deutsche Fassung erschien im April diesen Jahres, da war der neue Präsident schon im Amt, und viele, vermutlich auch der Autor selbst, werden das Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahl als Bestätigung der Hauptthese des Buches sehen: die Demokratie führt dazu, dass die falschen Leute an die Macht kommen, und diese falschen Leute treffen die falschen Entscheidungen, sodass die Ergebnisse demokratischer Politik schlecht für die Bürger sind, die von ihr betroffen sind.

Reflexe #3: Woher willst du wissen, was ich empfinde?

In der dritten Folge seiner Kolumne »Reflexe« befasst sich Jörg Friedrich mit dem Buch »Die Natur des Geistes« von Michael Pauen.  Michael Pauen hat sich in seinem neuen Buch viel vorgenommen. Der Titel verspricht, „Die Natur des Geistes“ zu erklären. Der Titel spielt mit der philosophischen Doppeldeutigkeit des Begriffs „Natur“, der im Deutschen ja zum einen so etwas wie „Wesen“ bedeutet, zum anderen aber die Welt meint, die uns umgibt, zumindest diejenige, die nicht durch die menschliche Technik und Phantasie geschaffen ist. Man könnte also erwarten, dass das Buch entweder das Wesen des Geistes bestimmt, oder aber den Geist als etwas natürliches erklärt, etwas, das zur Natur gehört und ganz natürlich verstanden werden kann. Pauen geht es vor allem um letzteres. Wer kann wissen, was ich fühle? Zwei bedenkenswerte Thesen stellt er an den Anfang seiner Überlegung: er meint, dass es falsch ist, Bewusstsein und Wissen miteinander zu identifizieren, wenn es um subjektive Erfahrungen geht. Zudem behauptet er, dass der Mensch zu seinen eigenen Erfahrungen gar nicht so einen direkten, unmittelbaren Zugang hat, wie er …

Thomas Vašek bei Nate Light

HOHE LUFT Chefredakteur Thomas Vašek war am 05.12.13 bei Nate Light mit Philip Simon auf ZDF_neo zu Gast um über sein Buch „Work Life Bullshit“ zu sprechen. Bei einem Eierlikör in der Landhausküche tauschten sich Philip Simon und Thomas Vašek über Burnout, Work Life Balance, gute und schlechte Arbeit und über die Notwendigkeit einer „Arbeitsreformation“ aus. Die ganze Sendung kann online hier angeschaut werden (Interview ab ca. Minute 34).

Warum Sisyphos glücklich ist

Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen, forderte Albert Camus (1913-1960) 1942: „Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.“ In den Räumlichkeiten der Buchhandlung Moser in Graz sprach HOHE LUFT-Chefredakteur Thomas Vašek mit NZZ-Feuilletonchef Martin Meyer, der erst letzten Sommer seine Camus-Biographie im Hanser-Verlag herausbrachte, über den großen Philosophen des Absurden, der im November seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Es klingt erst einmal wie ein Widerspruch, wenn Camus Freiheit predigt und zugleich von einem glücklichen Sisyphos spricht – wie könnten wir uns diesen als frei vorstellen? Dazu verdonnert, ein- und denselben Felsen immer und immer wieder den Berg hinauf zu wälzen, scheint Sisyphos vielmehr Inbegriff des gefangenen, denn freien Individuums zu sein. Doch genau das ist die Dialektik bei Camus, erklärt Meyer: Erst erfährt das Individuum die Welt als undurchdringbar und sinnlos, dann beginnt es sie hinzunehmen und zu akzeptieren. So gesehen ist Sisyphos als Allegorie des Lebens zu verstehen: Er sucht vergeblich nach einem Sinn, kann die ewig gleiche Handlungsabfolge jedoch hinnehmen und so ein Stück weit seine Freiheit zurückerobern. Freiheit …

Der Wunsch, alles aufzubewahren

Benoît Peeters hat über den französischen Philosophen Jacques Derrida eine Biografie verfasst. In der Zeit schreibt Maximilian Probst dazu: … Derrida, so Peeters gleich zu Beginn, sei ein Philosoph, der geradezu nach einer Biografie schreie. Derrida selbst bekannte den „verrückten Wunsch, alles aufzubewahren“ – und dass für ihn die Philosophie „immer im Dienst dieser autobiografischen Absicht des Erinnerns“ gestanden habe. Entsprechend zeigte er auch ein lebhaftes Interesse am Leben anderer Philosophen: „Wie“, fragte er einmal, „sah das Geschlechtsleben Hegels oder Heideggers aus?“ Der verrückte Wunsch, alles aufzubewahren – um sich seiner selbst gewiss zu sein? In der Hoffnung, unsterblich zu werden und der Nachwelt Greifbares zu hinterlassen – jenseits seines schriftlichen Werkes? Was treibt Menschen überhaupt dazu, ihr Leben in Gegenständen festzuhalten? Die bloßen Erinnerungen genügen oft nicht. Es muss etwas Anschauliches her – ein Mitbringsel aus dem Urlaub, die ersten Schühchen der längst erwachsenen Tochter, die Glückwunschkarten zur Hochzeit. Doch was geschieht mit diesen Dingen? Sie stehen im Regal, liegen in einem Karton, sicher verwahrt, bis man stirbt. Und dann? In gewisser Weise sind …