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Hegel und der Brexit

»Die Weltgeschichte ist der Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit«, ist ein berühmter Satz aus Georg Wilhelm Friedrich Hegels Vorlesungen über die Geschichte der Geschichte, die er in den 1820er Jahren hielt – zwei Jahrhunderte vor dem Brexit. Wenn sich heute jemand seine Freiheit ins Bewusstsein rufen möchte, kann er einen Blick auf seinen Reisepass werfen. »Europäische Union« steht drauf, er weist seinen Besitzer mithin auch als Bürger Lapplands, Transsylvaniens und Kataloniens aus, was ihn zum wohl größten Ausweis von Freiheit in der bisherigen Weltgeschichte macht. Die Briten geben diese Freiheit nun auf, ob willentlich oder nicht, versteht wohl niemand mehr so ganz. Was würde Hegel dazu sagen? Er hat in seinen Vorlesungen tatsächlich etwas dazu gesagt: »Der Engländer hat das Gefühl der Freiheit im besonderen; er bekümmert sich nicht um den Verstand, sondern im Gegenteil fühlt sich um so mehr frei, je mehr das, was er tut oder tun kann, gegen den Verstand, d. h. gegen allgemeine Bestimmungen, ist.« Wie immer das Brexit-Drama ausgeht, am Ende wird Hegel Recht gehabt haben. Tobias Hürter

Müssen wir Europa wollen?

Europa ist uns zur Gewohnheit geworden. Setzen wir die Idee der Gemeinschaft deshalb aufs Spiel? Haben wir überhaupt begriffen, was die EU bedeutet? Wir sind Europäer. Wir kaufen italienischen Parmesan, lieben französischen Bordeaux und fahren mal schnell über die Grenze nach Österreich. Wir zahlen in Euro. Unsere Fliesenleger kommen aus Polen. Wir studieren für sechs Semester in Venedig, arbeiten in Luxemburg oder sparen, um unseren Kindern ein Schuljahr an einer guten britischen Lehranstalt zu finanzieren. Europa ist selbstverständlich. Aber was ist Europa? Europa – das war in der griechischen Mythologie eine Königstocher, die vom Gott Zeus entführt und vernascht wurde. Europa – das ist ein Kontinent. Europa – das ist aber auch eine Idee, die nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs geboren wurde. Die Idee, dass es bei uns nie wieder Krieg geben darf. Es ist die Vorstellung, dass es möglich ist, unter­schiedliche, teils widersprüchliche nationale Identitäten und In­teressen demokratisch zu einen. Wenn wir von Europa ­sprechen, meinen wir auch die Europäische Union: 27 unterschiedliche Sichtweisen, zwischen denen in Brüssel in nächtelangen Sitzungen vermittelt werden …

Der Brexit und die Verantwortung

Verlässt Großbritannien die Europäische Union? Allein der Umstand, dass diese Frage jetzt noch diskutiert wird, zeigt, dass etwas Grundsätzliches faul ist im Staate Großbritannien nach dem Referendum des letzten Donnerstags. Austreten oder nicht, das ist eine souveräne Entscheidung Britanniens, und der Volkssouverän hat gesprochen. Was also gibt es noch zu deuteln?