Sex, Lügen und Ontologie
Philosophen sind Liebhaber der Weisheit. Aber sind sie auch weise Liebhaber? Ein Blick in ihre Biografien zeigt: meistens nicht. Text: Tobias Hürter Wenn Philosophie das Ringen mit den großen Fragen des Lebens ist, dann ist jeder verliebte Teenager ein Philosoph: »Ist sie die Richtige?« – »Liebt sie mich auch?« – »Ist sie mir treu?« Wer kann ihm da helfen? Am ehesten müsste es ein Berufsphilosoph können, der den großen Fragen sein Leben widmet. Wenn man aber die Lebensläufe der Philosophen betrachtet, so zeigt sich: Liebhaber der Weisheit sind oft keine weisen Liebhaber. Der Existenzialist Jean-Paul Sartre (1905–1980) adoptierte seine Geliebte als Tochter. Der Stoiker Seneca (ca. 1–65 n. Chr.) wurde wegen einer außerehelichen Affäre vom Kaiser aus seiner Heimat Rom verbannt. Der Marxist Louis Althusser (1918–1990) erdrosselte gar seine Frau. Kann man einem Teenie guten Gewissens empfehlen, sich bei diesen Leuten Rat zu holen? Die Misere begann schon mit dem großen Philosophentrio der Antike: Sokrates, Platon und Aristoteles. Sie alle hatten einiges über die Liebe zu sagen, und die Beziehungen zwischen den Charakteren in ihren …