Alle Artikel mit dem Schlagwort: Gewissen

HOHE LUFTPOST – Weil halt!

HOHELUFTpost vom 18.09.2015: Der Fall der amerikanischen Stadtschreiberin Kim Davis wird derzeit heftig diskutiert, und auch Philosophen kann er Kopfzerbrechen bereiten. Es ist ein Testfall für die Frage, was es bedeutet, richtig zu handeln. Nachdem der Oberste Gerichtshof die Homo-Ehe mit der Hetero-Ehe gleichgestellt hatte, weigerte Davis sich, in ihrem Bezirk noch Ehebescheinigungen auszustellen, und verbot dies auch ihren Mitarbeitern. Das neue Rechtsverständnis widerspreche »Gottes Definition von Ehe«, erklärte Davis, die sich zum apostolischen Christentum bekennt. Sie wurde in Haft genommen, aber nach ein paar Tagen wieder entlassen – und kehrte in ihr Amt zurück. Sie kann nicht gefeuert werden, da sie von den Bürgern gewählt wurde. Wann also handelt ein Mensch richtig? Wenn er tugendhaft handelt, sagte Aristoteles. Wenn er dem »inneren Gerichtshof« seines geprüften Gewissens folgt, sagte Immanuel Kant. Beides kann man Davis zuschreiben. Sie zeigte sich tapfer und nahm für ihre Überzeugung einiges auf sich. In gewisser Hinsicht ist sie auch gerecht, da sie homosexuelle und heterosexuelle Paare gleich behandelt. Dennoch glaube ich, dass Davis falsch handelt. Aber nicht, weil sie gegen …

Gefühle? Gewissen!

Von Tobias Hürter Wenn den Berichten und Kommentaren glauben kann, dann ist Deutschland derzeit im emotionalen Ausnahmezustand. Deutschland sei ein »Hippiestaat, der sich nur von seinen Gefühlen leiten lässt«, sagt der englische Politologe Anthony Glees. »Wir erleben in Echtzeit, wie sich die Gefühle eines ganzen Landes synchronisieren«, schreibt der »Zeit«-Wissenschaftsredakteur Ulrich Schnabel. Gemeint sind natürlich die bewegenden Szenen, die sich am Münchner Hauptbahnhof und anderswo abspielen. Deutsche umarmen ankommende Flüchtlinge. Hilfsorganisationen werden überschwemmt von Spenden. Allerdings bezweifle ich, dass man diesen Berichten und Kommentaren wirklich glauben kann. Deutschland wird nicht von seinen Gefühlen geleitet. Sondern vom Gewissen. Das ist ein wesentlicher Unterschied – und gut so.

HOHE LUFTpost – Milde Gaben, und schädliche

HOHE LUFTpost vom 05.06.2015: Milde Gaben, und schädliche Wenn ich einen bettelnden Menschen auf der Straße sehe, gebe ich manchmal was. Ein kleiner Schmeichler fürs Gewissen. Die zwei Euro sind ihm viel mehr wert als mir, sage ich mir. Doch das Gewissen bleibt nicht ungetrübt. Später fällt mir ein, dass ich mit meiner Spende das Betteln lukrativer gemacht habe, und damit Arbeit vergleichsweise weniger lukrativ. Ein guter Effekt und ein schädlicher. Welcher wiegt schwerer? Ich vermute, der schädliche. Wenn ich nämlich meine zwei Euro jemandem geben möchte, dem sie mehr wert sind, dann sollte ich sie jemandem geben, dem sie möglichst viel wert sind. Und das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gerade dieser Bettler. Ich muss mich also aufraffen und jemanden suchen, dem sie noch mehr wert sind. Das ist nicht schwer in dieser Welt. Es bleibt also vernünftig, zu spenden. Aber nicht aus dem Handgelenk. – Tobias Hürter