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Richtig streiten #10: Warum streiten wir überhaupt?

Nachdem es in der letzten Folge dieser Serie darum ging, plausibel zu machen, dass Meinungen im Streit zumeist nicht als Behauptungen zu verstehen sind, denen sich die anderen Streitenden zwingen anschließen müssten, bleibt die Frage, was es denn sonst mit diesen Meinungsäußerungen auf sich hat. Wenn wir unsere Meinungen zumeist gar nicht äußern, um andere davon zu überzeugen, warum äußern wir sie dann? Warum streiten wir überhaupt?

Richtig streiten #4: Prinzipien und die herrschende Meinung

Die Logik des Begründens von Meinungen soll uns in dieser Serie beschäftigen. Dazu müssen jedoch immer noch einige Vorarbeiten geleistet werden, die das Feld, auf dem diese Logik wirkt, genauer beschreiben und damit den Gegenstand, das vernünftige Streiten um Meinungen, erst einmal hinreichend genau bestimmen. Schon diese Beschreibung liefert uns wertvolle Einsichten, auch wenn sie noch nicht die Logik des Streitens sind. Im ersten Teil dieser Serie hatte ich das vernünftige Sprechen durch die Bereitschaft des Sprechers bestimmt, für seine Meinung Begründungen anzugeben. Das begründete Sprechen hatte ich mit dem vernünftigen Sprechen identifiziert und die Ablehnung der Angabe von Gründen als unvernünftig gekennzeichnet. Allerdings kennen wir im Alltag viele Situationen, in denen eine Person es als absurd empfindet, Begründungen für ihre Meinung angeben zu sollen. Häufig stimmt sie darin mit der Mehrzahl derer überein, die sich an dem Gespräch beteiligen, in welchem die Meinung geäußert wurde. Golfspieler vor einem Waldbrand Ein aktuelles Beispiel soll das erläutern: Vor einigen Tagen wurde in sozialen Online-Netzwerken häufig ein Bild gepostet, auf dem Personen beim Golfspiel zu sehen waren, …

Richtig streiten #3: Die Struktur der Meinung

Was im Streit zum Gegenstand wird, ist eine Meinung oder eine Erwartung. Diese Wörter sind geeignet, das zu benennen, was umstritten ist, weil sie wichtige Merkmale des Strittigen sofort augenscheinlich machen: Meinungen und Erwartungen sind niemals direkt und unmittelbar überprüfbar. Sie betreffen oft Zukünftiges, im gewissen Sinne vielleicht immer Zukünftiges. Sie sind persönlich. Und sie sind, auch wenn wir ihrer ziemlich sicher sind, niemals ganz gewiss. Ein paar Beispiele: „Man kann nicht mal mehr der Tageschau voll vertrauen.“ „Ich fürchte, der Trump wird auch die nächsten Wahlen gewinnen.“ „Hoffentlich gibt es bald Neuwahlen und dann kommen endlich mal andere an die Macht.“ Wenn wir mit Meinungen entsprechend des Prinzips der Nachsichtigkeit umgehen ist es Selbstverständlich, dass wir weder das Persönliche in diesen Meinungen ignorieren noch verlangen, dass es irgendwie aus den Meinungsäußerungen eliminiert werden muss. Nicht immer ist das Persönliche der Meinung schon im Satz ausdrücklich erkennbar, nicht immer steht da ein „Ich“ – aber wir können voraussetzen, dass eine Meinungsäußerung eben immer eine persönliche ist. Der erste Satz meiner Beispiele ist mit dem Satz …

Richtig streiten #1: Das begründete Sprechen

Von Jörg Phil Friedrich Es wird viel gestritten, in Talkshows, bei Facebook, in der Familie und unter Freunden. Es geht um alles Mögliche, um die Umwelt oder das nächste Urlaubsziel, um den amerikanischen Präsidenten, das Bedingungslose Grundeinkommen, die Dieselfahrverbote. Um den leeren Kühlschrank oder den vollen Mülleimer. Vor allem wenn es um Politik geht, kommt die Frage, wie wir streiten, ins Spiel. Irrational zu sein, nicht logisch zu argumentieren, ist dann ein oft gehörter Vorwurf. Dem politischen Gegner wird gern unterstellt, die Regeln der Logik zu verletzen, nicht rational zu argumentieren. Es hat den Anschein, als gäbe es irgendwo ein Regelwerk, an welches sich jede Person halten müsste und könnte, die an einem Streit teilnehmen will – und wer sich nicht an diese einfachen Regeln hält, der ist auch nicht berechtigt, mitzureden. Schließlich soll der Streit zwar engagiert, aber am Ende doch konstruktiv sein. Und um konstruktiv zu sein, so meint man, müssen sich alle an die Regeln der Logik halten.

Lasst uns streiten! Ausgabe 5/2018

Streiten Sie sich gerne? Dann wurde Ihnen vielleicht schon vorgeworfen, unbeherrscht oder irrational zu sein. Der Streit hat einen schlechten Ruf, Harmonie gilt als viel erstrebenswerter. Dabei kann ein beherzter Zoff ungemein belebend und bereichernd wirken. Wir plädieren im Titelessay der neuen Ausgabe dafür, den Streit philosophisch ernst zu nehmen – gerade in seiner oft unberechenbaren Emotionalität. Weitere Themen im neuen Heft: Die Vielschichtigkeit der Manipulation. Wie das Wohnen unser Leben formt. Philosophen und die Liebe. Brauchen wir mehr Verbote? Die Philosophie der Blockchain. Ist Ungleichheit immer schlecht? Die Herrschaft der Dinge. Und: »Freiheit ist keine Trophäe, sondern der Modus der Entfaltung« – die Berliner Philosophin Rahel Jaeggi spricht im Interview über Fortschritt, Rückschritt und Emanzipation. Viel Freude beim Lesen! Hier können Sie das neue Heft sowie ältere Ausgaben versandkostenfrei bestellen.  Sie möchten Lob, Kritik oder Anmerkungen loswerden? Schreiben Sie an: kontakt(at)hoheluft-magazin.de