Alle Artikel mit dem Schlagwort: Biografie

Der Eigensinnige – philosophisches Rätsel

Als ein Philosoph vor ein paar Jahren einen Vortrag auf einer Konferenz hielt, kam ein anderer auf allen Vieren zum Rednerpult gekrochen, schnappte sich ein paar Blätter Papier von dort und kroch von dannen: der Vorredner, der sein Manuskript liegengelassen hatte. Es sollte unauffällig sein, aber natürlich war es das genaue Gegenteil davon. Jener, der da kroch, war nicht irgendwer. Eine Umfrage unter Philosophen ergab vor ein paar Jahren, dass er zu den zehn wichtigsten Philosophen der letzten 200 Jahre zählt, noch vor Friedrich Nietzsche und Karl Marx. Seinen überragenden Ruf verdankt er seinen Leistungen auf dem Gebiet der philosophischen Logik. Zum Beispiel zeigte er, dass eine Sprache ohne Widersprüche ihr eigenes Wahrheitsprädikat enthalten kann – das hatten Philosophen bis dahin für unmöglich gehalten. Berühmt ist vor allem seine Theorie der Eigennamen, laut der Eigennamen (»die Venus«) grundlegend anders funktionieren als beschreibende sprachliche Ausdrücke (»der Abendstern«). Dass er zu Großem geboren ist, zeichnete sich schon früh ab. Er galt als Wunderkind, brachte sich schon als Kleinkind fremde Sprachen bei und lernte Theaterstücke auswendig. Als Schüler half er der Luftwaffe beim Lösen …

Der Wunsch, alles aufzubewahren

Benoît Peeters hat über den französischen Philosophen Jacques Derrida eine Biografie verfasst. In der Zeit schreibt Maximilian Probst dazu: … Derrida, so Peeters gleich zu Beginn, sei ein Philosoph, der geradezu nach einer Biografie schreie. Derrida selbst bekannte den „verrückten Wunsch, alles aufzubewahren“ – und dass für ihn die Philosophie „immer im Dienst dieser autobiografischen Absicht des Erinnerns“ gestanden habe. Entsprechend zeigte er auch ein lebhaftes Interesse am Leben anderer Philosophen: „Wie“, fragte er einmal, „sah das Geschlechtsleben Hegels oder Heideggers aus?“ Der verrückte Wunsch, alles aufzubewahren – um sich seiner selbst gewiss zu sein? In der Hoffnung, unsterblich zu werden und der Nachwelt Greifbares zu hinterlassen – jenseits seines schriftlichen Werkes? Was treibt Menschen überhaupt dazu, ihr Leben in Gegenständen festzuhalten? Die bloßen Erinnerungen genügen oft nicht. Es muss etwas Anschauliches her – ein Mitbringsel aus dem Urlaub, die ersten Schühchen der längst erwachsenen Tochter, die Glückwunschkarten zur Hochzeit. Doch was geschieht mit diesen Dingen? Sie stehen im Regal, liegen in einem Karton, sicher verwahrt, bis man stirbt. Und dann? In gewisser Weise sind …

Der Verkannte

Es ist so ungerecht: Heute gilt er als größter Philosoph seiner Nation – die an großen Denkern wahrlich nicht arm ist. Doch zu seinen Lebzeiten nahm kaum jemand ihn als Philosophen wahr. Tatsächlich war er es nur im Nebenjob, ausgebildet und lange Zeit angestellt war er als Naturwissenschaftler. Und auch darin war er nicht schlecht, so schlug er eine Neudefinition der Längeneinheit Meter vor, die ein Jahrhundert später tatsächlich gültig wurde. Doch seine wahre Leidenschaft galt der Philosophie, vor allem der Sprachphilosophie, und er ging sie ganz im Geist der Naturwissenschaft an. In seinen Augen bemisst sich der Wert philosophischer Theorien an ihren beobachtbaren Konsequenzen. Seine akademische Karriere stand unter keinem guten Stern. Er verlor seine Stelle als Hochschullehrer, als ein Kollege ihn beobachtete, als er mit einer Frau unterwegs war, mit der er nicht verheiratet war. Der Kollege denunzierte ihn. Er sollte niemals eine neue Universitätsstelle finden und starb schließlich in Armut. Wer war es?

Vom Dandy zum Kirchenvater

Mit seinen „Bekenntnissen“ schrieb der heilige Augustinus nicht nur die erste Autobiografie der Literaturgeschichte, sondern offenbarte auch, dass er einst alles andere als ein Heiliger war. „ ,Gib mir Keuscheit und Enthaltsamkeit, aber bitte nicht sofort!ʻ Das ist das Grundthema der Bekenntnisse, das Augustinus immer wieder variiert: der Widerstreit zwischen Frömmigkeit und Lust, zwischen Geist und Körper, und wie bei ihm schließlich der Geist den Körper niederringt. An einer Stelle erzählt er, wie er als Junge mit Freunden von einem Birnbaum stahl – eine offensichtliche Anspielung auf das Buch Genesis. Die Pointe der Geschichte ist, dass der junge Augustinus gar nicht an den Birnen interessiert war, sondern am Stehlen. Er sündigte um der Sünde willen.“ (Tobias Hürter, „Vom Dandy zum Kirchenvater“, HOHE LUFT 3/2013) Die Geschichte dieses inneren Ringens können Sie hier nachlesen. (PDF)

Wer erkennt den Philosophen?

Zukünftig veröffentlichen wir hier in loser Folge kleine Rätsel. Welcher Philosoph wird beschrieben? Erkennen Sie ihn? Viel Spaß beim Raten! Wer eine Party schmeißt, hat einiges zu bedenken. Wenn er Mathematiker ist, könnte er sich darüber den Kopf zerbrechen: Wie viele Leute muss ich einladen, um sicherzustellen, dass entweder m von ihnen sich alle untereinander kennen, oder n von ihnen sich alle untereinander nicht kennen? Eine einfache Frage, aber die Antwort ist selbst den besten Mathematikern bis heute ein Rätsel. Es war ein junger Mathematiker, der um das Jahr 1920 diese Frage stellte. Daraus entwickelte sich ein eigenes Gebiet der kombinatorischen Mathematik. Dieser Mathematiker darf als eines der größten Genies der letzten Jahrhunderte gelten. Schon in jungen Jahren machte er bedeutende Beiträge zur Wahrscheinlichkeitstheorie, Logik und Philosophie. Er begründete die Theorie, dass der Begriff der Wahrheit eigentlich überflüssig ist: Zu behaupten, dass eine Aussage P wahr ist, bedeutet nicht mehr, als einfach P zu behaupten. Mit 26 Jahren wurde er Doktorvater eines der größten Philosophen aller Zeiten. Kurz darauf starb er an Leberversagen. Welch ein …