HOHE LUFT Chefredakteur Thomas Vašek widerspricht der These Peter Trawnys, die Philosophie liefe Gefahr, sich durch ihre zunehmende Popularisierung selbst abzuschaffen. Philosophie ist in Thomas Vašeks Augen für alle da und sollte sich nicht auf elitäre Scheindiskurse beschränken.
Der Kapitalismus ist ein Übel. Rücksichtlos drängt er sich in alle Lebensbereiche, korrumpiert unsere Werte und Beziehungen – und wenn man Peter Trawny folgt, zerstört er jetzt auch noch die Philosophie.
Die Popularisierung der Philosophie, so behauptet Trawny, laufe womöglich auf ihre
»Selbstabschaffung» hinaus. Das ist zunächst mal eine überraschende These.
Schließlich könnte man ja meinen, es sei gut für die Philosophie, wenn viele
Menschen etwa philosophische Bücher kaufen. Trawny hingegen scheint zu
denken, dass es entweder zu viele Menschen sind oder keine wirkliche
Philosophie, für die sie sich interessieren.
Es bereitet Trawny Unbehagen dass philosophische Bücher auf Bestsellerlisten
stehen, dass Philosophen im Fernsehen auftreten, dass es, nunja, philosophische
Zeitschriften gibt, die sich auf dem Markt bewähren müssen. Ich sage
»Unbehagen», er ist ja nicht dagegen. Allerdings fürchtet er, dass diese
»Popularisierung» der Philosophie irgendwie nicht gut tut.
Aber was genau unterscheidet »populäre» Philosophie von »nicht populärer»
Philosophie –
außer dass sie eben populär ist?
Trawny hat wohl kaum etwas dagegen, dass sich z. B. philosophische Bücher gut
verkaufen. Der ökonomische Erfolg selbst kann also nicht sein Problem sein.
Er scheint vielmehr zu denken, dass „populäre“ Philosophie keine gute Philosophie
sein kann. Eine wirkliche Begründung dafür gibt er nicht. Vielleicht glaubt er, dass
gute Philosophie nicht allgemein verständlich sein darf. Darüber kann man
sicherlich streiten. Einerseits wird ein philosophischer Gedanke nicht dadurch
falsch oder trivial, dass er von vielen verstanden wird. Andererseits kann man es
natürlich nicht immer den Texten anlasten, wenn die Leser nichts verstehen. Aber
mir scheint, das ist gar nicht Trawnys eigentliches Problem.
Trawny glaubt offenbar, dass das Ökonomische die Philosophie grundsätzlich
korrumpiert. Dass die Philosophie sozusagen in einem natürlichen Gegensatz zur
Marktwirtschaft steht, zumal zur kapitalistischen. Und dahinter steht ein bestimmtes
Verständnis von Philosophie und ihrer gesellschaftlichen Stellung, das Trawny
irgendwie voraussetzt, ohne es in seinem Text näher zu erläutern oder gar zu
problematisieren. Genau das wäre aber zu tun.
Trawnys Kritik an der Ökonomisierung der Universitäten ist so berechtigt wie
unspezifisch. Gewiss ist auch akademische Philosophie längst in den »Drittmittel-
Beschaffungs-Sog» (Trawny) geraten. Aber das trifft erstens die akademische
Philosophie nicht mehr als andere Disziplinen. Zweitens kann man sich fragen, ob
ökonomische Gesichtspunkte dem philosophischen Denken tatsächlich so
abträglich sind, wie Trawny anscheinend glaubt.
Philosophische Tätigkeit braucht sicherlich Zeit und Muße – wer wollte Trawny da
widersprechen. Das begründet aber weder den Anspruch auf akademische (oder außerakademische) Schonräume für Philosophen, noch widerspricht es
Pingback: HOHE LUFT » Philosophie hat keine Voraussetzungen zu akzeptieren