Laut Fernsehphilosoph Richard David Precht gehört das deutsche Bildungssystem zu den schlechtesten unter den Industrienationen. Deswegen sei es an der Zeit, unseren Bildungsbegriff zu überdenken. Und tatsächlich ist Bildung das philosophische Brennpunktthema der letzen Monate. Der Münchner Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin plädiert in seinem neuen Buch für ein Revival des humanistischen Bildungsideals. Statt kurzsichtig nur verwertbares Wissen zu vermitteln, brauchen wir eine stärkere Orientierung an den Leitideen des Humanismus. Kinder sollen nicht nur auswendig lernen, sondern Persönlichkeit und Urteilsvermögen ausbilden – und so zu autonomen Selbstdenkern heranwachsen.
Aber kann man wirklich jedes Kind so hohen Ansprüchen aussetzten? Man kann, findet der Neurobiologe Gerald Hüther, Autor des Bestsellers „Jedes Kind ist hochbegabt“. Laut Hüther besitzt jedes Kind eine „angeborene Lernfreude“. Pflicht der Eltern und Schulen ist es, diese Motivation zu erhalten. Dafür bedarf es vor allem einer engen Kooperation zwischen Lehrern, Eltern und Schulleitung. Richard David Precht hingegen möchte diese Zusammenarbeit noch mehr auf den Unterricht selbst ausdehnen. Um Zusammenhänge zu verstehen, seien fächerübergreifende Projekte das beste Mittel. Wenn man im Deutschunterricht „Faust“ liest, lernt man in Geschichte die damalige Situation kennen, die Schauspieler unter den Schülern proben einzelne Szenen „und der Chemielehrer berichtet über alchimische Versuche und macht dazu Experimente mit Eisen und Schwefel“.
Das Bildungsthema ist hochaktuell – und steht daher auch im Zentrum der diesjährigen internationalen Konferenz „Vision Summit“. Auf diesem dreitägigen „Gipfel der Visionen“ in Berlin (30.08-01.09.) werden neben vielen anderen auch Richard David Precht und Gerald Hüther ihre Thesen vertreten. Auf kleinen Workshops und Vorkonferenzen gibt es außerdem Raum für kontroverse Gespräche und Diskussionen. Nähere Informationen zum „Vision Summit“ finden Sie hier.
-Robin Droemer