Über die Bedeutung von Urlaubserinnerungen
Die Sommermonate nutzen jedes Jahr viele Menschen, um endlich wieder in den Urlaub zu fahren. Aber was finden wir am Urlaub-machen eigentlich so toll? Trotz dichtem Gedränge am Flughafen, Sonnenbrand, unfreundlichem Servicepersonal oder Streitgesprächen mit der Reisebegleitung war der Urlaub im Nachhinein (fast) immer traumhaft schön. Dies legt nahe, dass das wirklich Schöne am Urlaub die Erinnerung ist.
Machen wir ein Gedankenexperiment: angenommen, Sie planen einen Urlaub und wüssten schon vorher, dass direkt nach der Heimreise jegliche Erinnerung daran, inklusive Foto und Videomaterial, gelöscht wird. Würden Sie für diesen Urlaub Geld ausgeben? Vermutlich nicht, da Sie den Wert eines Urlaubes nicht nur an dem Erlebten messen, sondern vor allem an den schönen Erinnerungen, die Sie sich vorher von ihm erhoffen. Vom Urlaub erwarten wir Momente, die unvergesslich sind, also über den gelebten Augenblick hinaus für uns Bestand haben. Daher sind uns auch Urlaubsfotos so wichtig. Durch das Ansehen der Fotoalben und das wehmütige Zurückdenken an die schönen vergangenen Tage, entwerfen wir unser eigenes Bild der Realität. Hingegen haben Erlebnisse, an die wir keine Erinnerung haben, auch keinen nachhaltigen Wert. Wertvoll ist für uns demnach nicht der gegenwärtige Augenblick, sondern das, was wir rückblickend daraus machen.
Dabei ist unsere Erinnerung in hohem Maße selektiv. Ein schöner Urlaub kann uns kurze, weniger erfreuliche Momente vergessen lassen. Es kann aber auch passieren, dass ein durchweg schöner Urlaub durch ein schlechtes Ereignis am letzten Tag negativ in Erinnerung bleibt und somit seinen Zweck der schönen Erinnerung verfehlt. Diese irrationale Gewichtung von vergangenen Ereignissen ist unsere Taktik, die eigene Lebensgeschichte aktiv mitzugestalten. Philosophen sprechen in diesem Zusammenhang von einer Verzerrung in unserer Wahrnehmung der Zeit. Während die Zukunft ungewiss ist und die Gegenwart flüchtig, ist uns die Vergangenheit sicher. Aber die Vergangenheit existiert eben nur dadurch, dass wir uns an sie erinnern, und dieses Erinnern ist subjektiv gefärbt, will heißen, wir selektieren unsere Erinnerungen nach persönlichen Kriterien. Einige Erfahrungen prägen sich besser ein als andere. Somit haben wir die Möglichkeit, uns die Vergangenheit ein Stück weit selbst zurechtzulegen.
Schöne Urlaubserinnerungen, auch wenn sie oft idealisiert sind, machen uns einfach glücklich und erhalten die Vorfreude auf zukünftige Urlaube. Wenn es also stimmt, dass es uns beim Urlaub auf die schöne Erinnerung ankommt, sollte man versuchen, auch den schrecklichsten Urlaub in guter Erinnerung zu behalten. Dies könnte einem vielleicht gelingen, indem man einer verregneten Woche am Gardasee irgendwie ein gelungenes Ende hinzufügt, um die selektive Erinnerung zu überlisten.
– Greta Luehrs –
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