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HOHE LUFTpost – German Angst

HOHE LUFTpost vom 21.10.2016: German Angst Wir Deutsche sind bei anderen Nationalitäten für unsere Autos und unsere Gründlichkeit bekannt. Und für unsere Angst. Im Englischen ist »German Angst« eines der raren Fremdwörter aus dem Deutschen. Aber wovor haben die Deutschen Angst? Dieser Frage ist das Allensbach-Institut in einer gerade veröffentlichten Studie nachgegangen. Das Ergebnis ist bemerkenswert: Es sind gerade die Dinge, die in der öffentlichen Diskussion präsent sind – die aber gleichzeitig wenigen Menschen wirklich zustoßen. So zum Beispiel Terrorismus, Gewaltverbrechen, Datenklau. Offenbar sind es Risiken, die zwar »objektiv« weniger bedrohlich sind als andere, die aber irgendwie nebulös und ungreifbar sind. Diese Einsicht mag uns die Angst zwar nicht nehmen, sie könnte aber helfen, besser mit ihr umzugehen. – Tobias Hürter

Die Ästhetik der Gewalt

Es gibt derzeit viele Versuche, das durch radikalisierte Islamisten in die Welt getragene Böse rhetorisch zu bannen. Wie dem Terror antworten? Mit „Krieg“ (Gustave Hollande), „Wiedereinsetzung des internationalen Rechts“ (Etienne Balibar) oder „Klassenkampf“ (Slavoj Žižek)? Vokabeln wie diese implizieren, dass die Gewalt des Islamischen Staats und anderer terroristischen Organisationen einem Angriff auf unsere Vorstellungen von Moralität und Menschlichkeit gleichkommt.

Dieser Terrorismus ist kein Nihilismus

Nach den Anschlägen von Paris ist viel von Nihilismus die Rede. Vom “Angriff der Nihilisten” schreibt die Süddeutsche Zeitung, der “Standard” nennt die Täter “Agenten des Nihilismus”, und die Frankfurter Allgemeine Zeitung fragt, was “unsere Toleranz und Vernunft gegen den Nihilismus der Terroristen ausrichten” können. Das ist ein Missverständnis. Dieser Terrorismus ist kein Nihilismus. Im Gegenteil, er ist getrieben von dem Wunsch, dem Nihilismus zu entkommen. Wer die Biografien der Täter liest, nicht nur von letztem Freitag, sondern auch vom Anschlag auf die Charlie-Hebdo-Redaktion, der kann ein Muster finden: Es sind gescheiterte Gestalten, die orientierungslos vor sich hin lebten, bis sie begannen, sich zu radikalisieren. Damit kam gefühlter Sinn in ihr Leben. Plötzlich war klar, was gut und was böse, was richtig oder falsch ist. Die Terroristen sind völlig verstiegene Sinnsucher. Das ist wichtig zu verstehen, wenn man verhindern möchte, dass Menschen zu Terroristen werden. Dabei ist es kein Zufall, dass der Begriff des Nihilismus im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen aufkam. Am Freitag, den 13. November zeigte sich eine neue Stufe des Terrorismus – …

Die Hydra des Terrors. Carl Schmitt als Autor der Stunde?

Reinhard Mehring ist Politikwissenschaftler an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Er schreibt hier darüber, was es bedeutet, wenn angesichts der tragischen Ereignisse von Paris vom „Ausnahmezustand“ gesprochen wird. In diesen Tagen nach dem schwarzen Freitag vom 13. November 2015 erklingt an manchen Gedächtnisorten die hymnische Hippieutopie „Imagine“ von John Lennon. Man muss erinnern, dass das Lied über 40 Jahre alt ist und John Lennon erschossen wurde. „Imagine there’s no countries / It isn’t hard to do / Nothing to kill or die for / And no religion too / Imagine all the people living life in peace“. Das alte Lied ist heute ein sentimentaler Abgesang aus der Welt von gestern. Staatszerfall und offene Außengrenzen sehen wir heute anders, Staat und Religion schließen sich nicht mehr anarchistisch kurz. Die Politik wagt sich wieder an eine andere Rhetorik: Man spricht von Ausnahmezustand und Krieg.