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Stellungnahme von Vittorio E. Klostermann

Vittorio Klostermann, Verleger der Heidegger-Gesamtausgabe, nimmt hier erneut Stellung zu den Vorwürfen des US-Ideenhistorikers Richard Wolin und verteidigt die Ausgabe, welche Wolin scharf kritisiert hatte. 

Auf Wolins Beitrag „J’accuse“ habe ich mir meine Stellungnahme vom 28. August noch einmal durchgelesen. Ich kann nichts Polemisches darin entdecken. Die beste Antwort, die ich Herrn Wolin geben könnte, wäre, meinen Beitrag einfach noch einmal zu lesen. Ich hätte darüber hinaus nach seinen neuerlichen Einlassungen noch folgende Ergänzungen:

1.) Kaum ein Buch ist ohne Druckfehler. Professor Theodore Kisiel hat den Verlag darauf aufmerksam gemacht, dass die in jeweils erster Auflage im Jahr 1979 erschienenen Bände 20 und 55 davon in ganz ungewöhnlichem Maße betroffen waren. Der Verlag hat daraufhin Corrigenda-Listen an die Abonnenten geschickt und die Neuauflagen in korrigierter Form herausgebracht. Die Corrigenda-Listen stehen auf unserer Website zum Download bereit (Auf unserer Website bitte durchklicken: Bücher, Philosophie, Heidegger, Corrigenda).
Die Pannen der Anfangsjahre haben Nachlassverwaltung, Herausgeber und Verlag zum Anlass genommen, Fahnen-, Umbruch- und Revisionskorrekturen größte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Als Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Anzahl der von einer Auflage zur nächsten zu korrigierenden Druckfehler auf eine marginale Größe geschmolzen ist.

2.) Susanne Ziegler hatte bei der Entzifferung des Manuskripts des Hölderlin-Bandes 39 auf Seite 195 „Naturwissenschaft“ statt „Nationalsozialismus“ gelesen. Richard Wolin schreibt, er „überlasse es dem Urteil der Leser, ob es sich dabei um ein bloßes Vesehen handelt, wie Herr Klostermann behauptet, oder um ein allgemeines Muster einer bewussten editorischen Manipulation.“ Um dem Leser die eigene Urteilsfindung zu erleichtern, hat der Verlag die entsprechende Manuskriptseite als Faksimile ebenfalls auf die Corrigenda-Seite gestellt. Die problematische Stelle befindet sich am Ende des Klammersatzes der Manuskriptseite oben links.

3.) Richard Wolin verweist auf Forschungen von Sidonie Kellerer, die ergeben hätten, dass Heidegger bei der Publikation seines Vortrags „Die Zeit des Weltbildes“ innerhalb der „Holzwege“ etwas ergänzt habe, was den Eindruck erweckt, er habe späte Einsichten auf das Jahr 1938 rückdatiert. Ich kann aus eigener Anschauung den Vorwurf nicht beurteilen, aber immerhin ankündigen, dass die Erstfassung des Vortrags im zweiten Teilband des Bandes 80 innerhalb der nächsten Jahre veröffentlicht werden wird.

4.) Einen ähnlichen Vorwurf erhebt Richard Wolin gegenüber Peter Trawny, dem Herausgeber der Schwarzen Hefte. Dieser Vorwurf ist jedoch substanzlos; er belegt lediglich, dass Richard Wolin das Nachwort des Herausgebers nicht gelesen hat, in dem das Abfassungsdatum der späteren „Beilagen“ mitgeteilt wird.

5.) In meiner Entgegnung auf Richard Wolin vom 31. August 2015 habe ich ausdrücklich betont, nur für die Gesamtausgabe seiner Werke sprechen zu können und nicht für sonstige Publikationspraktiken Heideggers. Deshalb empfinde ich es als unfair, wenn Wolin den Vorwurf erhebt, dass Heideggers Lob für Hitler und Mussolini von 1936 aus der ersten Publikation der Schelling-Vorlesung gestrichen wurde, ohne zu erwähnen, dass diese Stelle im entsprechenden Band der Gesamtausgabe durchaus enthalten ist. (Band 42, Seite 40)

Vittorio E. Klostermann
6. November 2015

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