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HOHE LUFTpost – Menschen und andere Tiere

HOHE LUFTpost vom 06.02.15: Menschen und andere Tiere

Wir Menschen haben die Neigung, Tiere zu vermenschlichen – außer bei ihren Rechten. Wir sperren sie ein, wir essen sie, wir experimentieren mit ihnen. Wer so mit anderen Menschen umginge, würde als Unmensch verurteilt.

Stehen nichtmenschlichen Tieren Menschenrechte zu? Mit dieser Frage befasste sich im Dezember ein amerikanisches Gericht. Tierrechtler hatten im Namen von vier Schimpansen geklagt, die ihrer Ansicht nach zu Unrecht in Zoos festgehalten werden. Schimpansen seien ähnlich schlau und empfindsam wie Menschen, daher müssten sie gleiche Rechte haben. Das Gericht lehnte die Klage ab. Zu jedem Recht gehörten auch Pflichten, argumentierte es, etwa Unterwerfung unter das Rechtssystem und soziale Verantwortung. Da die Schimpansen diese Pflichten nicht wahrnehmen könnten, seien sie keine Personen.
Ich habe den Verdacht, da ist etwas schiefgegangen, auch auf Seiten der Tierrechtler. Die Rechte von Tieren können sich nicht darauf gründen, dass sie den Menschen ähnlich sind. Es ist nun mal nicht zu leugnen, dass es wesentliche Unterschiede zwischen Menschen und anderen Tieren gibt. Die größten Unterschiede liegen in der Vernunftbegabung und im Urteilsvermögen der Menschen. Doch aus diesen Unterschieden folgt nicht, dass Menschen moralisch über den anderen Tieren stehen. Im Sinne des von Immanuel Kant formulierten kategorischen Imperativs sollten alle Tiere, nicht nur Menschen, als »Zweck an sich selbst« behandelt werden, nicht als Mittel zu irgendeinem anderen Zweck.
Das bedeutet eben keine Gleichmacherei zwischen Menschen und anderen Tieren. Es bedeutet, Tiere so zu behandeln, wie es ihnen gemäß ist. So sah es offenbar auch ein argentinisches Gericht, das kurz nach dem amerikanischen Urteil dem in Deutschland geborenen Orang-Utan-Weibchen Sandra den Status einer »nichtmenschlichen Person« zusprach. Nun darf Sandra nach 20 Jahren im Zoo ihren Lebensabend in einem Schutzgebiet verbringen.
Das ist die richtige Richtung. Nach Kant liegt es in der freien Entscheidung von uns Menschen, jemanden oder etwas als Zweck an sich selbst zu behandeln. Es seien gerade diese Entscheidungen, die gute Menschen auszeichnen. Unser Umgang mit Tieren betrifft also unseren eigenen moralischen Status ebenso wie den der Tiere.

– Tobias Hürter

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