Kurz vor der Bundestagswahl stehen die Chancen für Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ziemlich schlecht. Umfragen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit unterirdisch, dass eine Rot-Grüne Koalition die nötige Regierungsmehrheit in Deutschland bekommt. Wie die Süddeutsche schreibt, glauben selbst die „größten Optimisten“ der SPD nicht mehr an den Wahlerfolg. Alles, was jetzt noch bleibt, ist die Hoffnung. Die stirbt ja bekanntlich zuletzt und erst nachdem die Vernunft lange aufgegeben hat.
Ein Philosoph machte die Hoffnung zum Kernstück seiner Philosophie: Ernst Bloch (1885 – 1977) erhob sie sogar zum Prinzip. Der Titel seines Hauptwerks „das Prinzip Hoffnung“ hat sich im deutschen Sprachgebrauch fest etabliert. Bei Fußballspielen wird er so gern zitiert wie bei Börsenprognosen. Die Hoffnung ist ein Pendant zu rational begründeten Überzeugungen über die Welt und ihre Entwicklung. Zu hoffen kann zwar begründet sein aber auch naiv. Man kann auf gutes Wetter hoffen, egal wie schlecht die Vorhersage ist. Blochs Prinzip steht für eine eigenwillige Philosophie der utopischen Tagträume. Kaum ein Philosoph hat der Vorstellung dessen, was noch nicht ist aber sein könnte, einen solchen Stellenwert beigemessen wie Bloch. Was vorerst wie Traumtänzerei aussieht, ist tatsächlich eine marxistisch motivierte Gesellschaftskritik, welche Bloch in dem Erträumen einer besseren Welt sieht.
Dabei meint das Hoffen keinesfalls, sich zurückzulehnen und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Bloch wollte gesellschaftliche Veränderung. Die utopische Hoffnung dient ihm dabei sowohl als Kritik an bestehenden Verhältnissen als auch als Wegweiser zur Umwälzung. In der Vorstellung, wie eine bessere Welt aussehen sollte, steckt somit bereits der erste Schritt: Das Eingeständnis, dass man nicht in Utopia lebt. Somit stellt er sein Prinzip Hoffnung der vorherrschenden und stets hochgelobten Rationalität entgegen. Die Hoffnung ist für Bloch also eine Bedingung für Veränderung und ungleich wichtig für den Menschen, weil die Hoffnung ihn nach Verbesserung streben lässt. Hoffnungslosigkeit beschreibt Bloch als „das Unaushaltbarste, das ganz und gar den menschlichen Bedürfnissen Unerträgliche.“
Wenn nun der SPD nur die Hoffnung bleibt, ist das nach Bloch gar nicht wenig. Sie können sich ja immer noch ausmalen, wie eine Rot-Grüne Bundesregierung die Welt verändern könnte. Vielleicht folgt daraus dann auch irgendwann der Wandel. Dann hätten sie mehr Erfolg als Bloch. Seine sozialistische Utopie ist bisher eine geblieben.
– Greta Lührs
VERANSTALTUNGSHINWEIS:
Unvernünftige Vernunft oder vernünftige Unvernunft?
Tagung der Ernst Bloch Assoziation: 04. – 06. Oktober 2013
Im Jahrhunderthaus Bochum (IG Metall)
Alleestraße 80
44793 Bochum
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