In dieser Nacht werden die Uhren von 3 auf 2 Uhr zurückgestellt. Dadurch gewinnen wir eine Stunde – hurra! Doch stimmt das wirklich? Und wieso können wir überhaupt einfach so entscheiden, dass es jetzt nicht mehr 3 Uhr ist, sondern erst 2? Wer „macht“ denn die Zeit?
Der Tag ist für alle Kulturen der Welt ein gültiges Zeitmaß. Allerdings sind die Tage überall unterschiedlich lang. In Äquatornähe sind sie relativ gleich bleibend, weiter davon entfernt spielt der Rhythmus der Jahreszeiten eine große Rolle. Bereits die Babylonier nahmen eine Einteilung in lichten Tag und dunkle Nacht vor. Beide Hälften hatten zwölf Stunden. Wenn die Tage kürzer waren, so waren auch die Stunden kürzer, sie veränderten sich also in der Länge.
Mit den veränderten Lebensbedingungen entwickelte sich eine immer präzisere Zeitplanung. Die ersten Uhren wurden in Klöstern erfunden, damit die Mönche pünktlich zu ihren Stundengebeten erschienen. Schlaguhren an Glockentürmen prägten fortan das gesamte öffentliche Leben. Heute hat die öffentliche Uhrenpräsenz wieder abgenommen. Wir sind individuell dafür verantwortlich, dass wir die richtige Zeit im Blick haben.
Zeit ist eine physikalische Größe, die sich exakt messen lässt. Sie beschreibt die Abfolge von Ereignissen. Physiker und Philosophen behaupten, das Vergehen der Zeit sei eine Illusion. Sie existiere einfach. Aber wie verhält es sich dann mit der individuell erlebbaren Zeit? Unsere Sinne teilen uns nämlich beständig mit, dass die Zeit fließt: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft. Und je älter wir werden, desto schneller scheint sie zu vergehen, desto weniger Zeit haben wir an einem Tag, in einem Jahr zur Verfügung. Dafür nehmen Erinnerungen einen immer größeren Raum ein.
Das eine ist nicht mehr da, das andere noch nicht – und doch existieren Vergangenheit und Zukunft. Oder? „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind Illusionen, wenn auch hartnäckige“, behauptete Albert Einstein. Augustinus hingegen war der Ansicht, dass Vergangenheit und Zukunft sehr wohl zumindest in unserem Inneren existieren, als seelische Wahrnehmungen wie Erinnerungen und Erwartungen. Auch Immanuel Kant glaubte, dass die Zeit eine „reine Anschauungsform“ der inneren Sinne sei.
„Time is money“, stellte Benjamin Franklin fest. Und im Internetzeitalter scheint Zeit besonders kostbar zu sein. Stillstand gibt es nicht mehr. In weltweit agierenden Unternehmen, in denen alle Mitarbeiter vernetzt sind, wird rund um die Uhr gearbeitet. Wenn die Mitarbeiter an einem Standort Feierabend machen, beginnen sie an einem anderen gerade erst ihren Tag und setzen die Arbeit der Kollegen genau dort fort, wo diese aufgehört haben.
Von dem Gefühl, viel zu wenig Zeit zur Verfügung zu haben, werden viele Menschen beherrscht. Wie können wir es durchbrechen? Ist es überhaupt möglich, das individuelle Zeitempfinden zu verändern? Falls ja, so wäre doch ein Tag, an dem uns eine Stunde geschenkt wird, ein guter Zeitpunkt, um mit dieser Veränderung zu beginnen.
– Katharina Burkhardt