Gibt es universell gültige moralische Prinzipien? Das ist eine der großen Streitfragen der Philosophie. Ludwig Wittgenstein und Karl Popper sind sich über diese Frage einmal derart in die Haare geraten, dass Wittgenstein Popper beinah ein glühendes Kamineisen drübergezogen hätte – mehr dazu in der vierten Ausgabe von Hohe Luft, die am 20. September erscheint.
Ein Kamineisen ist allerdings kein Argument. Also: gibt es universelle moralische Prinzipien? Ja, behauptet der amerikanische Philosoph Alex Rosenberg. In seinem neuen Buch The Atheists‘ Guide to Reality gibt er Beispiele:
- Füge einem Neugeborenen kein unnötiges Leid zu!
- Schütze deine Kinder!
- Wenn dir jemand etwas Nettes tut, dann solltest du diesen Gefallen ceteris paribus* erwidern.
- Ceteris paribus sollten alle Menschen gleich behandelt werden.
- Wenn du etwas verdient hast, dann hast du ein Recht darauf.
- Es ist zulässig, völlig fremden Menschen den Zugriff auf den eigenen Besitz zu verwehren.
- Es ist OK, Menschen zu bestrafen, die absichtlich etwas Falsches getan haben.
- Es ist falsch, Unschuldige zu bestrafen.
Hat Rosenberg recht darin, dass diese Prinzipien universell gelten? Wer findet eine Ausnahme, egal ob wirklich oder möglich, oder Gegenargumente? Bitte um Diskussionsbeiträge!
Alex Rosenberg
Unabhängig davon, ob man Rosenberg zustimmt oder nicht, ist seine Begründung für die Universalität solcher Prinzipien interessant. Er hält sie nicht für moralisch zwingend oder sonstwie objektiv gültig. Er glaubt vielmehr, dass sie sich in der Menschheitsgeschichte als universelle Verhaltensnormen durchgesetzt haben – vielleicht, weil sie evolutionäre Vorteile bieten, oder vielleicht auch aus historischen Zufällen. Rosenberg ist ein metaethischer Nihilist. Er bestreitet, dass Moral auf einer tieferen Wahrheit beruht. Manch ein Moralist würde ihm dafür wohl gern eins mit dem Kamineisen drüberziehen.
– Tobias Hürter
(* Ceteris paribus bedeutet wörtlich »Alles Andere bleibt gleich«, also: wenn sonst keine neuen Bedingungen hinzukommen.)
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