Wenn es etwas gibt, das jeder will, ist es wahrscheinlich das Glücklichsein. Laut Aristoteles ist die Glückseligkeit Endziel allen Handelns; das, weswegen wir alles andere wollen. Einen guten Job, viel Geld, den großen Freundeskreis, eine Familie, die neuen Schuhe – all dies wollen wir nur, weil wir hoffen, dadurch im Endeffekt glücklich zu werden. Charles-Louis de Montesquieu (1689 – 1755) sah das anders. In seinen Augen will man „nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen“. Stehen wir in einem Glückswettbewerb mit unserem Umfeld?
Jeder kann sich bestimmt an die eine oder andere Situation erinnern, in der sein eigenes Glück von einem noch größeren Glück überschattet wurde. Man stelle sich die Runde der guten Freundinnen vor, die sich lange nicht gesehen haben und nacheinander Neuigkeiten austauschen. Die Erste erzählt überglücklich von ihrer Beförderung und meint, damit die große Story zu bringen. Wenn dann die Nächste von ihrer Nobelpreisnominierung berichtet, kann es gut sein, dass die Erste angesichts des scheinbar noch größeren Glücks ihr eigenes Glück als minderwertig betrachtet. Was dann entsteht, ist Neid auf das Glück der anderen. Wir sind nicht damit zufrieden, was wir haben, weil wir uns mit den anderen vergleichen. Und zwar auch dann, wenn wir selbst eigentlich schon recht gut dastehen. Sogar wer im Restaurant etwas bestellt, hofft zuweilen insgeheim, dass nicht das Essen der anderen leckerer oder vielversprechender aussieht als das eigene. Wieso schauen wir so sehr auf das, was andere haben, statt auf das, was wir selbst haben?
Vermutlich genau aus diesem Grund: Weil wir es eben nicht haben und es uns darum fehlen muss. Hierin liegt aber der eigentliche Denkfehler. Woher wissen wir denn, dass die anderen glücklicher sind als wir selbst? Klar gibt es ein paar recht eindeutige Faktoren, die das Glück schmälern wie schlimme Krankheiten oder Schicksalsschläge. Dennoch ist weder gesagt, dass ich mit dem Leben der für den Nobelpreis Nominierten insgesamt glücklicher wäre, noch, dass die Nominierung sie wirklich so glücklich macht, wie ich es vermute.
Das Gras auf der anderen Seite des Zaunes mag zwar grüner aussehen, aber meistens nur von unserem Standpunkt aus, der sich an dem eigenen Gras sattgesehen hat. Dies hat bereits Montesquieu erkannt. Glücklicher zu sein als die anderen sei seiner Ansicht nach nämlich „deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind.“ Es ist wahrscheinlich gar nicht möglich, so glücklich zu sein wie diejenigen, die wir um ihr Glück beneiden, weil sowieso jeder nur für sich selbst und auf seine Art und Weise glücklich werden kann. Sich mit anderen zu vergleichen kann uns zwar voranbringen, anspornen und uns so in manchen Fällen auch glücklicher machen. Doch ein ständiger Glücks-Wettstreit in Form von Neid auf das grünere Gras zerstört das, was eigentlich unser Ziel war: Glücklich zu sein. Und das auch ohne Nobelpreis.
– Greta Lührs
VERANSTALTUNGSHINWEIS:
Um das Glück geht es auch beim Auftakt unserer Veranstaltungsreihe HOHE LUFT_live München in Kooperation mit der Earthrise-Society. Unter dem Titel „Die Spekulation auf das Glück“ wird HOHE LUFT Chefredakteur Thomas Vašek mit der Bestsellerautorin und Philosophin Dr. Rebekka Reinhard über die großen Fragen des Glücks diskutieren.
07.11.2013
in den Räumen der Earthrise-Society:
Südliches Schlossrondell 1, 80638 München
Beginn 19:00, Dauer ca. 90 Minuten.
Der Eintritt ist frei.
Da die Plätze begrenzt sind, bitten wir um vorige Anmeldung (bis zum 31.10.) unter:
info@earthrise-society.org
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