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»Machertum ist eine Haltung«

Am 20. und 21. April kommen auf dem Vitra-Campus in Weil am Rhein wieder kreative Köpfe aus den verschiedensten Fachbereichen zusammen, um sich über die Zukunft von innovativem Unternehmertum auszutauschen. Manuel Binninger und Jonas Nussbaumer sind Geschäftsführende Gesellschafter der Kreatives Unternehmertum gGmbH und glauben, dass die Zukunft vor allem den Machern gehört. Wir haben mit ihnen über ihre Vision und aktuellen Projekte gesprochen. 

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Manuel Binninger, Foto: Nell Killius

Der Titel des diesjährigen Kongresses lautet »Das Neue ist vergangen« – was bedeutet das?

Wir leben in einer Zeit des Innovationsdrangs. Was heute neu ist, wird morgen wieder alt sein. Die Innovationszyklen haben sich extrem verkürzt, was eine gewisse Rastlosigkeit in unserer Wirtschaft und somit auch in unserer Gesellschaft hervorruft. Diese Tendenzen möchten wir mit unserem diesjährigen Kongress in Frage stellen. Welcher Aspekt des Neuen ist denn für unsere Zukunft wirklich relevant, welche Art der Innovation gesellschaftlich erstrebenswert? Wir sind der Überzeugung, dass wir uns immer mehr in ein Zeitalter hinein bewegen, indem es mehr auf die sozialen Innovationen statt der technischen Innovationen ankommen wird.

Gibt es heute überhaupt noch etwas Neues? Leben wir nicht im Zeitalter des Remixes?

Genau das möchten wir mit unserem Kongress eben in Fragen stellen. Zwar kann sich, wie in der Musik oder der Mode, ein guter Remix oft zu einer noch größeren Erfolgsgeschichte als das Original entwickeln, jedoch sind wir hier genau bei dem Punkt, der uns bei Kreatives Unternehmertum umtreibt. Müssen wir alles neu denken, um gesellschaftlich relevant wirken zu können oder kommt es dabei eher auf das Andersdenken an? Wir wollen Unternehmertum, kreatives Unternehmertum, aus einer anderen Perspektive betrachten und es noch mehr zu einem Katalysator gesellschaftlicher Entwicklung werden lassen. Unternehmerische Gesellschaftsgestaltung ist unser Stichwort. Ob das jetzt eben neu, anders oder gar nicht gedacht ist – das müssen andere beurteilen.

Was macht Ihr Organisationsteam außer dem Kongress?

Jonas Nussbaumer, Foto: Comites

Jonas Nussbaumer, Foto: Nell Killius

Kreatives Unternehmertum ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der unternehmerischen Bildung verschreibt. Unsere Veranstaltungsformate, wie der diesjährige Kongress, bilden mittlerweile lediglich einen Teil unseres Wirkens ab. Darüber hinaus vergeben wir gemeinsam mit unseren Partner-Unternehmen sogenannte Macher-Stipendien mit denen wir meist junge Menschen fördern, die mit ihren Projekten für eine starke Vision einstehen und damit in der Gesellschaft etwas bewegen möchten. Neben diesen eher moderierenden Tätigkeiten, begreift sich KU mit eigenen Förderprojekten auch zunehmend selbst als Macher. So werden wir gemeinsam mit unserem Partner Design Offices auf einem alten Bauernhof einen Kreativort gestalten, der ein Zuhause für alle Macher bieten soll.

Unter dem Motto »Mobilität von Sinn« werden wir mit dem KU Domo Projekt Flüchtlingszelte unseres Partners morethanshelters in temporäre Kreativhubs verwandeln. Die Idee ist, die Zelte nach ihrer Nutzung als Flüchtlingsunterkünfte als Schulzelte für bedürftige Regionen zu spenden. Wir entwickeln gerade auch ein Bildungskonzept, das eher eine Haltung anstatt eine Abschlussnote zum Ziel hat. Hierfür befinden wir uns bereits in Gesprächen mit interessierten Schulen und Bildungseinrichtungen.

Welche Motivation steht dahinter?

Wir von KU sind der festen Überzeugung, dass der Ursprung gesellschaftlicher Entwicklung immer mehr beim Individuum statt bei überforderten und überbürokratisierten Institutionen liegen wird. Unsere Vision ist, ein neues Zeitalter des Unternehmertums, des Machertums, anzustoßen, in dem sich Individuen mit ihrer Schaffenskraft mehr als aktive Gestalter statt als passive Unterlasser begreifen. Und das in jeglichen Lebensbereichen – auch fernab von Unternehmens-Bilanzen und Start-Up Kulturen. Uns geht es darum, für mehr Sinnhaftigkeit in unserer Lebens- und Arbeitswelt einzustehen und für mehr Anregung untereinander zu sorgen. Unsere Mission ist, zu mehrwertigem unternehmerischen Tun zu ermuntern, es zu unterstützen und aktiv selbst mitanzupacken.

Ihre Speaker kommen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen. Inwiefern ist das für Ihr Verständnis von Innovation relevant?

Das ist für uns elementar. Wir verstehen Innovation als interdisziplinären und intergenerationalen Prozess und deshalb bieten wir mit KU eine Plattform, auf der sich Macher aus unterschiedlichen Disziplinen und verschiedenen Generationen treffen, um gemeinsam Zukunft zu denken. Der Begriff Machertum, den wir mit KU prägen, spielt dabei eine zentrale Rolle. »Macher« ist ein deutlich offener und weniger behafteter Begriff als Unternehmer und steht für Menschen, die für eine Vision brennen, Dinge anpacken und sich selbst verwirklichen. Machertum begreifen wir als eine Haltung, auf deren Basis unsere Plattform zusammenkommt. Somit  treffen dann Perspektiven von ganz unterschiedlichen Menschen aus Entrepreneurship, Philosophie, Wissenschaft, Kunst und Handwerk aufeinander – immer mit der Vision, gemeinsam Gesellschaft zu bewegen und mitzugestalten. Das ist für uns Innovation.

Fragen von Greta Lührs

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