Leidenschaftlicher Vortrag der Zürcher Philosophin Ursula Pia Jauch auf dem Philosophicum über die Frage, wie die Naturwissenschaft zu ihrer „Empathie-Narkotisierierung“ gegenüber den Tieren kam. Sprich: wie die Wissenschaft dazu kam, die Tiere als unbeseelte Biomaschinen zu betrachten und zu behandeln.
Jauchs These ist, dass die mechanistische Wende mit René Descartes kam. Soweit dürfte sie wenig Widerspruch ernten. Doch sie verlässt das Konsensterrain mit ihrer Spekulation darüber, was Descartes zu seinem Mechanismus bewegt hat: Er habe eine Werke umgeschrieben aus Angst, wie kurz zuvor Galileo als Häretiker angeklagt zu werden. So sei seine Vorstellung vom Tier als Maschine, als pure Res extensa, ein Zugeständnis an das Weltbild der katholischen Kirche, in dem für einen Tierhimmel kein Platz war. Sein mechanistisches Verständnis der Tiere sei also aus Angst geboren, behauptet Jauch, nicht aus philosophischer Reflexion. Insgeheim habe Descartes die Tiere sehr wohl als beseelt und gefühlsbegabt gehalten.
Diese These Jauchs ist zweifelhaft. Zu Descartes' Zeiten betrachtete die Kirche die Tiere als Mitgeschöpfe des Menschen. Es ist schwer einzusehen, wieso der cartesische Mechanismus ein Zugeständnis daran sein soll. Descartes erntete für seine Beschreibung der Tiere als pure Res extensa erbitterten Widerspruch, gleich nach der (anonymen) Veröffentlichung seines Discours de la Méthode 1637 erschienen unzählige Gegenschriften. Ein Zugeständnis an den Mainstream sieht anders aus.