HOHE LUFTpost – Freundschaft und die unbequemen Dinge
HOHE LUFTpost vom 19.02.2016: Freundschaft und die unbequemen Dinge Diese Woche war der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu Besuch in Berlin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. “Freundschaftstreffen” war die offizielle Bezeichnung, “Freundschaft” ist ein Wort, mit dem beide Regierungschefs ihr Verhältnis gern bezeichnen, und die Freundschaft zwischen Israel und Deutschland ist schon wegen der gemeinsamen Geschichte von ganz besonderer Bedeutung. Aber zu einer wirklich guten Freundschaft gehört auch, dass man den anderen kritisiert und die Kritik des anderen annimmt. Wir können uns selbst nie ganz verstehen, sagte Aristoteles, dazu brauchen wir die Menschen um uns herum, die unser Wesen widerspiegeln – vor allem unsere Freunde. Und das bedeutet eben auch, sich unbequeme Dinge sagen zu lassen. Darin ist die israelische Regierung allerdings nicht sehr geduldig. Sie behandelt andere, die ihr unbequeme Dinge sagen, als Gegner, nicht als Freunde. Und so hat Angela Merkel dies nun auch gar nicht versucht. Man konnte in Berlin gut beobachten, wie auf diese Weise Distanz in eine Freundschaft kommt. – Tobias Hürter