Das Wochenende ist noch nicht mal in Sichtweite und Sie haben jetzt schon Angst, etwas zu verpassen? Erwecken Posts von Freunden in sozialen Netzwerken in Ihnen immer wieder das Gefühl, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein? Dann leiden Sie an FOMO, der »Fear Of Missing Out«. Psychologen nehmen an, dass diese eigentlich uralte Angst heute insbesondere von den sozialen Medien geschürt wird, da wir dort permanent mit den tollen Erlebnissen anderer Leute konfrontiert werden. Die Bilder vom Palmenstrand oder der lässigen Rooftop–Grillparty lassen unser derzeitiges Tun ziemlich alt aussehen. Wir bekommen das ungute Gefühl, dass das wahre Leben gerade ohne uns stattfindet. FOMO – das ist die Volkskrankheit der medial vernetzten Menschen.
Gewiss ist FOMO eine gut begründete Angst. Schon aufgrund unserer Beschränktheit, zu einer Zeit nur an einem Ort sein zu können, verpassen wir zwangsläufig das meiste, was auf der Welt passiert. Die einzige Chance, alles mitzunehmen, bestünde darin, nicht nur einen Körper zu haben, sondern mehrere. Angenommen wir könnten uns verdoppeln, eine originalgetreue Kopie unserer Zellarchitektur erschaffen – würde das unser Problem lösen?
Der britische Philosoph Derek Parfit befasst sich gerne mit solchen Science-Fiction-Szenarios, die unser Konzept von Identität infrage stellen. Eines seiner Gedankenexperimente nimmt die Existenz eines Teleporters an. In diesen stellen Sie sich hinein, drücken auf einen Knopf und Sekunden später spaziert ein exaktes Duplikat von Ihnen hinaus – auf dem Mars. Es gibt Sie dann zwei Mal. Einmal auf der Erde und einmal auf dem Mars. Nur stellt sich nun die Frage: welcher von beiden sind Sie? Beide? Oder vielleicht keiner? Parfit will uns damit vor Augen führen, dass Menschen theoretisch auch dann weiterleben können, wenn die Frage nach ihrer Identität nicht eindeutig beantwortet werden kann. Was dagegen zählt, seien die Beziehungen, die zwischen Lebewesen bestehen.
Was Ihre versäumten Erlebnisse betrifft, würde Ihnen vermutlich auch das Klonen nicht weiterhelfen. Denn wenn Ihr Doppelgänger eine Party besucht, hat nur einer von Ihnen das Partyerlebnis und der jeweils andere würde immer noch in die Röhre gucken. Es sei denn, Sie würden danach wieder ineinander verschmelzen.
Da das Klonen von ganzen Menschen ohnehin noch nicht möglich ist, kann Fomotikern nur wärmstens ans Herz gelegt werden, ihre Angst in Freude umzuwandeln, auch mal nicht dabei sein zu müssen. Andere kochen schließlich auch nur mit Wasser, selbst wenn es auf einer Dachterrasse stattfindet. Auch dafür gibt es übrigens einen Fachbegriff: JOMO – das steht für »Joy Of Missing Out«.
– Greta Lührs