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Die letzte Bastion der Wahrheit?

Stellt uneingeschränkte Emotionalität absolute Authentizität sicher? Ist jedes Gefühl zulässig? – Und haben wir überhaupt Kontrolle über das, was wir fühlen? Diesen und weiteren Fragen gingen Philosophin Dr. Heidemarie Bennent-Vahle und HOHE LUFT-Chefredakteur Thomas Vašek am 06.11. im Rahmen von HOHE LUFT_live in der modern life school nach. Anwesend waren zudem auch die 5 Gewinner unseres Schreibwettbewerbs zum Thema Gerechtigkeit. Als Einstimmung auf den gefühlvollen Part des Abends lasen sie auszugsweise aus ihren Gewinneressays vor, die online nachgelesen werden können. Die besten drei Texte veröffentlichen wir außerdem in der nächsten Ausgabe von HOHE LUFT, die am 21.11. erscheint.

Merkelvelli

Angela Merkel hat es nicht leicht in diesen Tagen. Nachdem die amerikanischen Geheimdienste nun offenbar nicht nur einfache Bürger sondern auch das Handy der Kanzlerin höchst persönlich abgehört haben, wartet man gespannt auf den jetzt wirklich überfälligen Paukenschlag aus dem Kanzleramt. Doch die Kanzlerin hüllt sich wieder einmal in Schweigen, wie sie es gerne tut, wenn sie unter Beschuss gerät.

Freiheit und Abhängigkeit

Überwachung! Angriff auf die Privatsphäre! Beim Blick in die Zeitungen könnte man meinen, wir seien so unfrei wie nie zuvor. Wenn wir nicht sorglos im Internet surfen oder persönliche E-mails verschicken können, ohne dass wir ausgespäht werden könnten, fühlen wir uns in unserer persönlichen Freiheit eingeschränkt. Dabei hängt die Freiheit nicht nur an staatlicher Nicht-Einmischung, wie ein globaler Sklavenindex zeigt.

Alles in Ordnung

Wenn ein Kind fragt, warum abends die Sonne untergeht, ist eine mögliche Antwort: Die Sonne bewegt sich überhaupt nicht – unsere Seite der Erde dreht sich nur zeitweilig von ihr weg. Eine andere Antwort wäre: die Sonne geht unter, damit wir schlafen können. Solche teleologischen Erklärungen von Naturphänomenen sind für uns Menschen nicht gerade untypisch. Das Bild der „lieben Sonne“ erzeugt bei dem Kind etwas Behagliches – es fühlt sich als Teil einer Ordnung, in der alles seinen Platz und Sinn hat.

Was Spaß macht, ist verboten

Rauchen, Alkoholkonsum oder Sex – der unbeschwerte Genuss berauschender Mittel wird uns heute zunehmend madig gemacht. Wir leben in einer Verzichtsgesellschaft, die alle Dinge als schädlich verteufelt, die am meisten Spaß machen. Dieser Ansicht ist zumindest der Wiener Philosoph Robert Pfaller, der auf dem diesjährigen Philosophicum als Referent eingeladen war. Laut Pfaller versagen wir uns den ausschweifenden Exzess und trimmen uns auf Mäßigung und Selbstdisziplin (siehe auch HOHE LUFT 06/13). Doch verlieren wir dadurch mehr als wir gewinnen.

Hoffnung für Rot-Grün?

Kurz vor der Bundestagswahl stehen die Chancen für Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ziemlich schlecht. Umfragen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit unterirdisch, dass eine Rot-Grüne Koalition die nötige Regierungsmehrheit in Deutschland bekommt. Wie die Süddeutsche schreibt, glauben selbst die „größten Optimisten“ der SPD nicht mehr an den Wahlerfolg. Alles, was jetzt noch bleibt, ist die Hoffnung. Die stirbt ja bekanntlich zuletzt und erst nachdem die Vernunft lange aufgegeben hat.

Ein Tango mit Aristoteles

Die härtesten Türsteher findet man in der Philosophie. Nur wer die methodischen Standards ehrt, wird Teil dieses exklusiven Clubs: Formale Logik, deutliche Sätze und klare Thesen bitte – „sonst kommst du hier net rein!“ Poetische Geister können ja gerne im Feuilleton herumdaddeln. Echte Philosophen hingegen argumentieren knallhart und straightforward. Stimmt nicht, sagen die performativen Philosophen – und suchen sich ihren eigenen Weg. Weltweit erforschen ihre Anhänger die Berührungspunkte von Philosophie, Tanz und Theater. Dazu bedienen sie sich nicht nur gewohnter Medien wie Vorträgen oder theoretischen Abhandlungen, sondern auch performativer Elemente wie Tanz und Film. Ein Tango mit Aristoteles: Ist das noch Philosophie?

Risiko und Selbstbestimmung

Was macht es heute für viele junge Menschen so attraktiv, sich selbstständig zu machen? Offenbar ist es verlockend, sein eigener Chef zu sein. Aber wird nicht der Ruf nach Absicherung und klaren Strukturen ebenfalls immer lauter? Das Bedürfnis nach Sicherheit steigt heute in fast allen Lebensbereichen. Ein Bedürfnis, das ein Start-Up-Unternehmen, das vor allem anfänglich mit Risiken verbunden ist, kaum befriedigt. Jean-Paul Sartre (1905 – 1980) war als Vertreter des Existentialismus der Ansicht, dass Leben überhaupt erst im Begreifen und Benutzen der eigenen Freiheit stattfindet. „Der Mensch ist nichts anderes als wozu er sich macht“ sagte er. Da der Mensch für sich selbst, sein Leben und seine Identität selbst verantwortlich ist, muss er auch selbst handeln. Sich in vorgefertigte Formen einzufügen, wird der dem Menschen eigentümlichen Freiheit nicht gerecht. Dass der Mensch frei ist, ist sowohl ein Segen als auch ein Fluch. Denn er kann niemanden für sein Handeln verantwortlich machen als sich selbst, hat aber gleichzeitig die Möglichkeit und die Pflicht, über sich selbst zu bestimmen.

Wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug (Epikur)

„Banker befreien sich in der Kirche von ihrer Gier“ – so der Titel eines Online-Beitrags der Tageszeitung Die Welt. Angeblich besuchen allein in London mehrere hundert Banker wöchentlich die Kirche, um sich dort von ihrer Gier kurieren zu lassen. Dabei ist aber gar nicht so klar was Gier eigentlich genau ist. Sie findet sich nämlich in unterschiedlichen Begriffen wieder: Man denke bloß an Habgier, Begierde und Neugier. Was diese Begriffe eint ist das Streben nach mehr. Da wird etwas begehrt, weil nach subjektivem Empfinden noch nicht genug vorhanden ist – oder anders formuliert: Man ist noch nicht zufrieden mit dem, worüber man zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfügt. Neugier kann sich etwa auf einen unbekannten Inhalt beziehen, über den man Kenntnis erlangen möchte. Begierde hingegen ist oft sexueller Natur, Habgier wiederum kennzeichnet vor allem das Streben nach materiellem Besitz. Dabei ist Gier in all ihren Ausprägungen nicht zwingend die Antwort auf einen tatsächlich bestehenden Mangel, vielmehr bezieht sie sich auf Dinge, die wir eben gerade nicht unbedingt brauchen. Aber wie viel ist genug? Wann wird ein Streben …