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Ich knipse, also bin ich

Der Vergleich zweier Fotos zeigt es deutlich: In den acht Jahren seit der letzten Papstwahl hat sich die Welt technisch sehr verändert. Immer häufiger betrachten Menschen nicht nur besondere Ereignisse, sondern auch ihren Alltag durch das Display ihres Tablets, Handys oder der digitalen Kamera. Statt den Moment mit all ihren Sinnen zu erfassen, sind sie mehr mit ihrem technischen Gerät beschäftigt und verspüren den Drang, jede Sekunde digital festzuhalten. Die Filme und Fotos – und das ist wichtig! – werden später auf Youtube und Facebook veröffentlicht. So sieht alle Welt: Ich war dabei.

Doch was hat man eigentlich davon? Wäre es nicht viel sinnvoller, zunächst das Ereignis zu genießen (von ein, zwei Erinnerungsfotos abgesehen) und sich später in Ruhe Filme und Fotos von Profis anzuschauen, als Ergänzung zum eigenen, unmittelbaren Erleben? So haben wir es früher gemacht. Aber das genügt nicht mehr. Fast scheint es so, als wäre man sich im digitalen Zeitalter seiner selbst nicht mehr sicher, wenn man nicht sein ganzes Leben in Bild und Ton festhalten würde. Das beinah zwanghafte Knipsen und Filmen scheint zur eigenen Identitätsbildung wichtig zu sein. Erst wenn ich die Wirklichkeit digital abgebildet habe, kann ich mir sicher sein, dass ich auch dabei war, dass alles genau so war, wie ich es erlebt habe. Und wenn meine Internetfreunde meine Beiträge anschließend zuhauf liken und teilen, gibt mir das eine zusätzliche Bestätigung: Mein Leben findet Beachtung. Es kann so unbedeutend nicht sein.

– Katharina Burkhardt –

 

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